Warum Streiten Führungsaufgabe ist – Wie Sie konstruktive Streitgespräche führen und dem Unternehmen dienen
„Management-Gremien streiten zu wenig!“
Diesen Satz las ich neulich. Zahlreiche Studien belegen das wohl. *
Vielleicht denken Sie als Führungskraft jetzt, na, das ist doch auch viel angenehmer so.
Dem kann ich mich anschließen. Häufig tendieren wir dazu, Konflikte zu umgehen; auch ich. Allerdings lassen wir damit einiges an Verbesserungschancen am Wegrand liegen.
Ist es also nicht sinnvoll, häufiger zu streiten?
Lassen Sie mich kurz darauf eingehen; aus kühler Sicht der Systemtheorie.
Vergegenwärtigen wir uns, dass Konflikte in Organisationen normal sind.
Organisationen zeichnen sich durch Arbeitsteilung aus. Deshalb schaffen wir Abteilungen und Stellen. Sogenannte Silos entstehen. Das Gute daran: Wir können effizient arbeiten und die Komplexität der Restorganisation ausblenden.
Diese Silos verfolgen allerdings ihre eigenen Zwecke. Was ja ihre Aufgabe ist. In der Konsequenz muss es jedoch gelegentlich zu Konflikten zwischen den Silos kommen.
Unternehmen schaffen durch Arbeitsteilung strukturelle Konflikte.
Ein plakatives Beispiel:
Die Abteilung Produktion will aus Kostengründen Produkte standardisieren.
Die Abteilung Vertrieb will konkurrenzfähiger werden, indem sie Kunden vermehrt individualisierte Produkte anbietet. Dies verursacht Zusatzkosten.
Und schon sind wir mitten in einem Konflikt.
Soziale Systeme sind keine optimal funktionierende Maschinen. Sie können es gar nicht sein.
Wir brauchen ein neues Verständnis für Konflikte und für deren strukturelle Ursachen.
Dem oberen Management fällt die wichtige Rolle zu, Lösungen zu schaffen für strukturelle Probleme. Top-Führungskräfte haben nicht den Luxus, sich in Silos abzuschotten und bloß Teilprobleme zu bearbeiten. Ihre Rolle ist es, im Sinne des gesamten Unternehmenswohls zu agieren.
Eine der wichtigsten Aufgaben des Top-Managements ist es, strukturelle Konflikte zu lösen.
Rufen Sie mich gerne spontan an, wenn Sie die Themen Konflikte und Rhetorik in Streitgesprächen vertiefen wollen. Ich freue mich auf einen unverbindlichen Gedankenaustausch.
Vielleicht sind Sie auch an meinem Coaching Programm Konfliktgespräche interessiert. Hier erfahren Sie mehr
Wahrscheinlich werden Manager auf der Suche nach Konfliktlösungen mit „charakterlichen Eigenheiten“ von Menschen konfrontiert. Aber Vorsicht! Allzu oft tappen wir in eine Falle; nämlich die Gründe für Konflikte bei den Menschen zu suchen. Intuitiv neiden wir dazu, Konflikte als Persönlichkeitskonflikte zu interpretieren. Empfehlenswert ist es jedoch, den Fokus vorallem auf die Verbesserung der Strukturen zu richten. Das Thema der persönlichen Eigenheiten – die jeder von uns hat – gehört eher ins Coaching.
Schaffen Sie eine neue Streitkultur in Ihrem Unternehmen. Schaffen Sie Verständnis dafür, dass struktureller Konflikte dazu gehören.
Damit fällt es viel leichter, Konflikte engagiert und fair auszukämpfen.
Gesellig-freundschaftliches Zusammensein können Sie dadurch übrigens viel besser pflegen. Denn die Konfliktgründe liegen ja in den Strukturen und weniger bei den Kolleg*Innen. Hoffentlich.
Wie Sie strukturelle Konflikte erfolgreich lösen.
Wie im vorher angedeuteten Konflikt zwischen Produktion und Vertrieb, kann es zu massiven Interessengegensätzen kommen. Eine einvernehmliche Lösung, ein Konsens, erscheint oft unmöglich oder würde zu viel Zeit in Anspruch nehmen.
Hier bietet sich eine Alternative an.
Der Konsent erweist sich oft als besserer Lösungsweg als der Konsens.
Im Wesentlichen gehen Sie dabei durch drei Phasen:
- Alle Parteien legen ihre Informationen und ihr Wissen zu einem konkreten Problem auf den Tisch. Damit schaffen sie Verständnis für divergierende Interessen.
- Alle Parteien benennen ihre schwerwiegenden Einwände. Damit sind Kriterien gemeint, auf die sie bei der Lösung unmöglich verzichten können.
- Alle Parteien sagen, bei welchen Themen sie „nur“ Bedenken Damit sind Kriterien gemeint, die ihnen Unwohlsein bereitet; die sie aber vorübergehend bereit sind, in Kauf zu nehmen.
Mit dem Konsent schaffen Sie Lösungen, die mit Interessensgegensätzen konstruktiv umgehen. Auch im Vergleich zum Kompromiss, kann der Konsent bessere Ergebnisse liefern, da qualitative Argumente entscheiden und weniger die Verhandlungstaktik. Das Motto des Konsents lautet: „Disagree and commit, nonetheless“. Wohlwissend, dass damit bereits die nächste Optimierungsrunde eingeläutet ist. Sisyphos lässt grüßen – stellen Sie sich ihn aber als glücklichen Menschen vor!
Fazit: Konflikte können verschoben werden – nach unten oder nach oben – sie bleiben aber immer im System. Längerfristige Konfliktvermeidung schadet dem Unternehmenswohl. Deshalb sollte das Management engagiert und fair zu streiten.
Haben Sie im Unternehmen auch Konflikte, die immer wieder auftauchen? Vielleicht handelt es sich um Strukturkonflikte, die wertvolle Hinweise für Verbesserungen liefern.
Teilen Sie gerne ein Beispiel Ihrer Strukturkonflikte in den Kommentaren. Dies ist von allgemeinem Interesse. Ich freue mich, darauf einzugehen.
Oder wollen Sie dies lieber vertraulich machen, dann rufen Sie spontan durch. Unverbindlich können wir uns austauschen.
Ich wünsche Ihnen viele neue Erkenntnisse auf dem spannenden Feld der Konflikte.
*Dr. Julia Muster, Uni Potsdam u.a.
Danke für den Hinweis mit dem Konsent! Das ist eine praktische Anregung.